1. Kosten
1.1 Psychotherapie als private Leistung
Anders als bei Ärzt*innen, wo es einen Gesamtvertrag der Sozialversicherungsträger mit den Ärzt*innen gibt und eine Inanspruchnahme einer ärztlichen Leistung daher bei Kassenärzt*innen gar nichts kostet, ist Psychotherapie grundsätzlich eine private Leistung, die NICHT von den Krankenkassen getragen wird. Ein Gesamtvertrag der Krankenkassen mit den Psychotherapeut*innen war bereits vor Jahren ausverhandelt, scheiterte allerdings aus politischen Erwägungen und Kostengründen. Dies ist von Seiten der Psychotherapeut*innen insofern nur schwer nachvollziehbar, als wissenschaftlich belegt werden kann, dass Psychotherapie auch präventiv wirkt und die Kosten im Gesundheitswesen mittel- und langfristig senken kann.
Psychotherapie ist deshalb größtenteils eine private Leistung. Die Honorare bewegen sich in der Regel zwischen 70.- € und 150.- € für eine Einzelsitzung von 50 Minuten. Abweichungen von dieser Honorarbandbreite sind möglich und werden individuell mit der/dem PsychotherapeutIn vereinbart.
1.2 Teilrefundierung durch die Krankenkasse
Um jedoch auch Klient*innen mit geringem Einkommen Psychotherapie zu ermöglichen, gibt es schon sehr lange den Krankenkassenzuschuss nach Arztbesuch und Diagnosestellung durch den*die eingetragene Psychotherapeut*in.
Nachstehend eine Aufstellung der von uns recherchierten Zuschüsse der einzelnen Kassen. (Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass wir keinerlei Garantie und Haftung für die Richtigkeit der nachstehenden Angaben übernehmen können, da es den einzelnen Kassen freisteht, deren Satzungen jederzeit zu ändern!):
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Dauer |
Zuschuss |
ÖGK - Einzelsitzung |
60 Min. 30 Min. |
EUR 33,70 EUR 19,30 |
ÖGK - Gruppensitzung (max. 10 Pers.) pro Person |
135 Min. 90 Min. 45 Min. |
EUR 20,50 EUR 12,10 EUR 8,50 |
ÖGK - Familiensitzung (min. 3 Pers.) |
100 Min. 75 Min. |
EUR 60,10 EUR 42,70 |
BVAEB - Einzelsitzung |
ab 50 Min. ab 25 Min. |
EUR 46,60 EUR 27,10 |
BVAEB - Gruppensitzung pro Person |
90 Min. 45 Min. |
EUR 15,60 EUR 10,90 |
SVS (BSVG und GSVG) - Einzelsitzung |
50 Min. 25 Min. |
EUR 45,00 EUR 26,26 |
SVS (BSVG und GSVG) - Gruppensitzung (max. 10 Pers.) pro Person |
90 Min. 45 Min. |
EUR 15,01 EUR 10,51 |
Quellen: ÖGK, BVAEB, Satzung SVS
(Stand 04/2024)
1.3 Psychotherapie auf Krankenschein mit voller Kostenübernahme
Obwohl es keinen Gesamtvertrag für Psychotherapie gibt, ermöglichen Vereinslösungen für eine gewisse Zahl an Klient*innen auch die vollständige Übernahme der Psychotherapie-Kosten (je nach Bundesland unterschiedliche Lösungen und Modelle). In der Regel haben einzelne Psychotherapeut*innen dann zwei bis vier Kassenplätze zur Verfügung. Bei Verfügbarkeit eines solchen Kassenplatzes entstehen dem*der Klient*in keinerlei Kosten.
Hat der*die Klient*in einen solchen Kassenplatz gefunden, wird meist für bis zu 40 Stunden (entspricht einem vollen Jahr Psychotherapie, abzüglich der Ferienzeiten) die volle Kostenübernahme von der Krankenkasse gewährt. Dies ist auch abhängig von der Diagnose. Es besteht die Möglichkeit bei Bedarf um ein weiteres Jahr zu verlängern.
Aufgrund der zahlenmäßig beschränkten Plätze können Klient*innen längere Wartezeiten (mehrere Monate) bis zum Freiwerden eines voll finanzierten Psychotherapieplatzes entstehen.
In Wien bieten auch die psychotherapeutische Ambulanz der SFU (Sigmund Freud Universität), das Institut für Tiefenpsychologie, die Wiener Gesellschaft für psychotherapeutische Versorgung und der Verein für ambulante Psychotherapie Kassenplätze an.
1.4 Psychotherapie bei Psychotherapeut*innen in Ausbildung unter Supervision
Eine dritte Möglichkeit ist die Wahl eines*einer Psychotherapeut*in in Ausbildung unter Supervision, deren Honorare meist unter denen eingetragener Psychotherapeut*innen liegen. Hier hat der*die Klient*in zusätzlich die Garantie, dass die Therapiestunden von einem*einer erfahrenen Psychotherapeut*in supervidiert (in anonymisierter Form gemeinsam besprochen) werden.
1.5 Sozialtarif
Viele Psychotherapeut*innen bieten auch einzelne Plätze mit Sozialtarif für Personen an, die wenig oder kein Einkommen haben (z.B. bei AMS-Bezug, Sozialhilfebezug, o.ä.). Der genaue Tarif ist im Einzelfall mit dem*der Psychotherapeut*in auszuhandeln.
1.6 Beratungsstellen
Spezielle Beratungsstellen (Suchtberatung, Familienberatungsstellen, Männerberatung, etc.) bieten ein beschränktes Kontingent an Psychotherapie an, das für den*die Klient*in kostenlos ist. Je nach Beratungsstelle können teilweise nur 10 bis max. 15 Stunden in Anspruch genommen werden, manchmal ist auch eine langfristige Begleitung möglich. Dies hängt vom Träger der Beratungsstelle und dessen finanziellen Ressourcen ab.
2. Erklärung / Hintergrundinformation zu den Kosten
2.1 Psychotherapie-Ausbildung
Seit 1990 ist “Psychotherapeut*in" in Österreich ein eigenständiger, freier und wissenschaftlicher Heilberuf. Psychotherapeut*innen behandeln Menschen in seelischen Konflikt- und Krisensituationen, bei Beschwerden und psychischen Leidenszuständen. Die psychotherapeutische Ausbildung dauert etwa sieben Jahre (Propädeutikum + Fachspezifikum) und ist im Psychotherapiegesetz geregelt. Die Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" und "Psychotherapeutin" ist gesetzlich geschützt. Die Psychotherapie-Ausbildung wird von Ausbildungs-Instituten und -Vereinen angeboten und ist für Ausbildungskandidat*innen zur Gänze selbst zu finanzieren. Es gibt dafür keine staatlichen Stipendien oder Zuschüsse! Die Kosten dafür betragen durchschnittlich 35.000 € mit einer Bandbreite von 25.000 € bis 60.000 €, je nach Psychotherapie-Methode.
2.2 Abgrenzung von anderen Berufen
Die Tätigkeit der Psychotherapeut*innen unterscheidet sich von der psychiatrischen und der psychologischen Berufsausübung. Psycholog*in ist jemand, der*die ein Psychologiestudium mit dem akademischen Grad eines Magister oder Doktor abgeschlossen hat. Psychiater*in ist immer ein*eine Ärzt*in mit einer zusätzlichen Facharzt-Ausbildung. Der Beruf des*der Psychotherapeut*in ist immer eine sekundäre Ausbildung und kann auf verschiedenen Quellberufen aufbauen (z.B. Ärzt*in, Psycholog*in, Theolog*in, Pädagog*in, Diplomkrankenpfleger*in, Pflichtschullehrer*in, etc.). Aus diesem Grund gibt es auch akademische und nicht-akademische Psychotherapeut*innen. Die genauen Zugangsvoraussetzungen sind im Psychotherapiegesetz geregelt.
2.3 Psychotherapie-Methoden
Es gibt zahlreiche psychotherapeutische Methoden, die in ihrer Wirksamkeit vom Psychotherapiebeirat im Gesundheitsministerium überprüft wurden. Die einzelnen Methoden unterscheiden sich hinsichtlich Menschenbild, Setting, angewandten psychotherapeutischen Techniken und biografischer Herangehensweise (so gibt es Methoden, deren Fokus auf der frühen Kindheit liegt und andere, die eher das Hier und Jetzt betonen). Alle Ausbildungsvereine und –Institute müssen die Psychotherapie-Ausbildung gemäß Psychotherapiegesetz anbieten und hier sehr strenge Mindeststandards erfüllen. Demgemäß haben Sie als Klient*in die Garantie, dass jeder*jede eingetragene Psychotherapeut*in eine wissenschaftlich fundierte, professionelle Ausbildung absolviert hat.
Anmerkung:
Als „Psychotherapeut*in in Ausbildung unter Supervision“ bezeichnet man Psychotherapeut*innen, die am Ende Ihrer Psychotherapieausbildung angelangt sind und bereits befähigt sind, selbständig mit Klient*innen zu arbeiten. Sie sind gesetzlich verpflichtet den Passus „in Ausbildung unter Supervision“ zu ihrer Berufsbezeichnung hinzuzufügen. Für Sie als Klient*in ist interessant, dass Psychotherapeut*innen in Ausbildung unter Supervision eine Therapieeinheit meist günstiger anbieten als eingetragene Psychotherapeut*innen.
Psychotherapeut*innen in Ausbildung unter Supervision finden Sie unter:
www.psyonline.at
3. Vorteile privat bezahlter Psychotherapie:
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Sie geben selbst Geld für Ihre Entwicklung und Gesundung aus, tragen also aktiv zur Lösung bei.
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Sofern Sie nicht um Teilrefundierung durch die Krankenkasse ansuchen, erfahren die Krankenkassen nicht, dass Sie in Psychotherapie sind und es scheint auch nirgendwo eine Diagnose auf.
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Sie können Ihren*Ihre Psychotherapeut*in komplett selbst wählen und sind nicht auf einige wenige mit Krankenkassenplatz angewiesen.
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Bei privater Finanzierung haben Sie meist keine Wartezeiten, sondern bekommen sofort einen Psychotherapieplatz.
Mag. Stefan Hofbauer